Abdichten der Klimaanlage: Unterschied zwischen den Versionen

Aktuelle Version vom 19. Juli 2022, 15:17 Uhr

Symptom

Im Laufe der Zeit erhöht sich die Leckrate der Klimaanlagen oft erheblich. Hauptursache sind meist der Kondensator und alternde Dichtungen. Werden die Dichtungen nach einer R134a-Umrüstung mit PAG-Öl gequält, wird deren Ableben weiter beschleunigt. Durch Austausch sämtlicher Dichtungen läßt sich die Leckrate der Klimaanlage oft erheblich reduzieren. Die neuen Dichtungen aus HNBR* (*Hydrierter Acrylnitrilbutadien-Kautschuk) sind dann auch gegen PAG-Öl gefeit.

Übersicht

Dichtungssatz

Nachfolgendes bezieht sich auf eine Klimaanlage mit Denso-Kompressor 10PA17C, eingebaut in einem 300SE Bj. 1990. Bei anderen Modellen gibt es möglicherweise Abweichungen.

Hier eine Übersicht sämtlicher Dichtungen der Klimaanlage:

Das Komplettpaket kostet bei Mercedes € 34,08 (Stand 2012). Die meisten Dichtungen sind Standard O-Ring-Größen und in der Tabellenspalte "Standard" mit einem # und einer Nummer vermerkt. Die Entschlüsselung dieser # Nummern findet man unter Anderem auf dieser Webseite.

• Die Dichtungen sind beim Einbau mit Kompressoröl zu schmieren. Kein PAG-Öl verwenden! Zum Schmieren der Dichtungen nimmt man nach wie vor das gute alte Mineralöl, welches nicht hygroskopisch ist. Alternativ ein Universalöl (PAO-68, ERG-500, etc.) oder einen speziellen Silikonschmierstoff, z.B Hella 8FX 351 214-041. Letzterer hat den Vorteil, die Dichtungen leicht festzukleben, was an manchen Stellen von Vorteil ist.

• Eine echte Herausforderung ist die Montage des Expansionsventils. Man braucht zumindest für die Saugleitung vom Verdampfer einen offenen Ringschlüssel SW22. Außerdem ein Beißholz, um Flüche zu unterdrücken. Es bietet sich an, das Expansionsventil bei der Gelegenheit zu erneuern.

• Erneuern sollte man auch die Schraderventileinsätze am ND- und HD-Anschluß sowie am Kompressor. Sie werden wie Reifenventileinsätze mittels Ventilausdreher raus- und reingeschraubt (nicht zu fest anziehen!). Die Einsätze gibt's bei Mercedes unter Teile-Nr. A1158320085 für € 5,15 das Stück oder im Zubehör für € 0,25 das Stück.

Kompressor abdichten

Auch wenn von Klimawerkstätten und Mercedes immer wieder behauptet wird, man könne den Kompressor nicht neu abdichten, geht das sehr wohl. Spezialwerkzeug ist dafür nicht nötig, lediglich eine Montagehülse für die Wellendichtung ist empfehlenswert, da der Dichtring über eine Nut in der Welle geschoben werden muß, sich da beschädigen kann und sofort wieder undicht wäre.

• Der Kompressor muß ausgebaut werden; sehe hierzu auch WIS 83-522.
• Der hier gezeigte Kompressor ist ein Nippon Denso 10P17C üblicherweise bei den V8-Modellen verbaut.

Nippon Denso 10P17C.

Um den Kompressor zu öffnen bzw. die Kupplung und Riemenscheibe abzubauen, ist es am einfachsten, selbigen senkrecht in einem Schraubstock einzuspannen. Mit einem Ölfilterschlüssel die Kupplung fixieren und die Mutter von der Welle lösen.

Ölfilterschlüssel zum fixieren der Kupplung.

Ist die Mutter entfernt, Kupplung nach oben abziehen (nur die Kupplung, die Riemenscheibe kommt später!), das kann etwas Kraft kosten, notfalls Hilfsblech einsetzen und Zweiarmabzieher.

Hilfsbleche zum Abziehen der Kupplung.

Sprengring, Riemenscheibe, Distanzscheiben und Paßfeder-"Schiffchen" entfernen.

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  Sprengring.

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  Distanzscheiben.

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  Paßfeder.

Elektrik samt Spule abbauen, um die Spule herunter zu bekommen einen weiteren Sprengring entfernen. Die Spule läßt sich mittels Paßstift im Deckel verdrehungssicher wieder wieder einbauen.

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  Spulenansteuerung.

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  Halteplatte.

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  Spule (rot) und Sprengring.

Filzmanschette entnehmen, darunter liegenden Sprengring ebenfalls entfernen.

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  Filzmanschette Einbaulage.

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  Filzmanschette entnehmen.

Nun ist der Kompressor soweit gestrippt, daß der Deckel abgenommen werden kann.
Senkrecht im Schraubstock eingespannt, ist es ratsam, den Kompressor auf der unteren Seite abzufangen! Die langen Schrauben halten sowohl den oberen als auch den unteren Deckel, werden die Schrauben entfernt, fällt der gesamte Inhalt des Kompressors nach unten heraus, wenn nicht vorher abgesichert!
5 Schrauben (M8 x 90 ca. 22 Nm) lösen und mit einem kleinen Klaps den Deckel abnehmen. Paßstifte (in den Bildern eingekreist) sorgen dafür, daß der Deckel nicht verdreht aufgesetzt werden kann.

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  Deckel öffnen.

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  Grundplatte.

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  Deckelinnenseite.

Deckel einspannen und mit geeignetem Werkzeug (Schraubenzieher, Hämmerchen) den Dichtring getrennt von der Spannfeder von innen nach außen austreiben. Anschließend Spannfeder entnehmen.

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  Dichtring austreiben.

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  Spannfeder.

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  Neuer Dichtring.

Alle Teile, die man austauschen sollte, gibt es als Rep.Satz bei Mercedes am Tresen unter der Nummer: A 000 131 43 60.
Beinhaltet: Filzunterlage mit Spannclip, Spannfeder, Dichtring und Dichtgummi.

Nun alles wieder mit neuen Teilen zusammenbauen, es empfehlt sich, Dichtring und Schaft mit (Motor-)Öl zu bestreichen. Um den Dichtring unbeschädigt verbauen zu können, wird eine Montagehülse (000 589 65 63 00) empfohlen. Eine alternative Möglichkeit ist, sich eine Plastikhülse (Tesa) zu basteln. Zuerst die Spannfeder (von außen nach innen) einsetzen, dann den Dichtring am Besten mit einer passenden Langnuß und Hämmerchen eintreiben. Insgesamt auf richtigen Sitz der Sprengringe achten!

Auch im Internet gibt es hierzu interessante (wenn auch englisch-sprachige) Videos:

Kompressor abdichten Teil1

Kompressor abdichten Teil2

Anmerkungen

• Der Aus- und Einbau des Kompressors ist im WIS unter 83-522 beschrieben.
• Die offenen Leitungen der Anlage verschließen. Dazu eignen sich abgeschnittene Finger eines Gummihandschuhs, die mit Küchenpapier ausgestopft werden.
• Nach Ausbau muß der idR. total verschmutzte Kompressor erst mal gereinigt werden.
  • Dazu müssen die offenen Anschlüsse verschlossen werden. Mercedes bietet dazu eine Verschlußplatte mit der Teile-Nr. 60113100 an; man kann die Platte aber auch leicht selbst herstellen.
  • Die Dichtungen bleiben natürlich am Kompressor.
  • Mit Hilfe der Platte kann der Kompressor über das Serviceventil auch abgedrückt werden.
  • Zum Gegenhalten der Mitnehmerscheibe eignet sich ein Ölfilterschlüssel.

Dichtungssätze gibt es bei Hella:

• Wellendichtung 9GR 351 161-801
• Gehäusedichtungssatz 9GR 351 149-811

oder in den USA, z.B. bei dem Herrn aus dem Video. Dort gibt es auch die benötigte Montagehülse für die Wellendichtung, die ich in Deutschland noch nicht gesehen habe.

• Die Kupplungsplatten mit Bremsenreiniger reinigen.
• Der Luftspalt zwischen den Kupplungsscheiben soll 0,4-0,7 mm betragen und wird mit Scheiben eingestellt.
• Der Widerstand der Magnetspule soll 3,75+-0,2 Ohm betragen.
• Das erforderliche Drehmoment, um die Kompressorwelle zu drehen, darf max. 3 Nm betragen.

Anziehmomente

• Schraube Kupplung 15-17 Nm

• Gehäusedurchgangsbolzen (6mm Inbus) 26 Nm

• Anschlußplatte (6mm Inbus) 26 Nm

• Blockanschluß Klimaleitungen 23 Nm

• Halteschrauben an Motor 23 Nm

Ölfüllung

• Nach der Abdichtung muß der Kompressor mit Öl befüllt werden (z.B. Hella PAO-Oil 68 mit UV).
• Schwierig ist, die richtige Menge zu bestimmen. Zuwenig Öl schadet dem Kompressor, zuviel Öl mindert die Kühlleistung.
  • Mercedes gibt als Ölfüllmenge für die R12-Anlage 120 ml an.
  • Bei R134a wird 120 % dieser Menge empfohlen, also 144 ml. Schmitz+Krieger (Denso-Vertretung) gibt 145 ml +- 15 ml an.
  • Wer nun glaubt, diese Menge in den Kompressor füllen zu müssen, irrt. Das ist die Ölfüllmenge der Anlage, von der sich nur ein Teil im Kompressor befindet. Wieviel Öl sich in der Anlage befindet, läßt sich leider nicht messen. Die Klimakompressoren haben leider seit 30 Jahren keinen Ölpeilstab mehr.
• Laut WIS soll man den ausgebauten Kompressor leeren, die Ölmenge messen und die gleiche Menge neues Öl wieder einfüllen. Diese Methode setzt aber voraus, daß sich vor Ausbau des Kompressors die richtige Ölmenge in der Anlage befand. Davon kann man aber bei einer alten Anlage nicht ausgehen. Man kann die Ölmenge also nur schätzen.
  • Man kann davon ausgehen, daß sich etwa die Hälfte des Öls im Kompressor befinden soll, das wären ca. 70 ml. Bei Erneuerung des Trockners sollen zusätzlich 10 ml Öl eingefüllt werden.
• Nach Einbau den Kompressor 10 mal von Hand durchdrehen.

Kältemittel

Ursprünglich wurde die Klimaanlage eines W126ers (egal ob R6 oder V8) mit 1300g R12 gefüllt. Da es dieses R12 aus Umweltgründen nicht mehr gibt, wurden die Anlagen umgestellt auf R134A.
Beim R134A verwendet man 15% weniger Kältemittel als beim R12.
Die Füllmenge wäre rein rechnerisch 1105g.
Die Praxis zeigt, daß eine "gerundete" Füllmenge von 1000g R134A hervorragend funktioniert.