Steuerzeiten der Nockenwellen einstellen

Aus Wiki zur Mercedes Baureihe W126
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HauptseiteMotor1.4 M116 / M117 - Achtzylinder OHC alle Baujahre → Steuerzeiten der Nockenwellen einstellen


Ursache

Die Steuerzeiten der Nockenwellen verändern sich, weil sich die Steuerkette mit der Zeit längt. Durch die Längung verändert sich der Füllmoment des Zylinders zum Nachteil des Zündzeitpunktes, die Motorleistung läßt nach. Häufige Startvorgänge, Kurzstrecken und einfach auch die Kilometerleistung lassen die Duplex-Steuerkette länger werden. Eine gewisse Längung läßt sich durch den Einbau unterschiedlicher Scheibenfedern korrigieren. Es gibt 4 Korrekturstufen; sind sie ausgereizt, wird auf jeden Fall eine neue Steuerkette fällig.
Ein von aussen hörbares Symptom gibt es nicht. Das Nachlassen der Motorleistung kommt schleichend, man wird es anfänglich kaum merken - eigentlich erst dann, wenn es für einen Ausgleich fast schon zu spät ist und eine neue Steuerkette fällig wird. Am sichersten ist die Sichtprüfung und die anschließende Messung, hierzu später mehr.

Übersicht

Kurzbeschreibung Dieser Artikel beschreibt, wie man am Motor M116/M117 die Steuerzeiten der Nockenwellen prüft und einstellt.
Alle Positions- und Richtungsangaben erfolgen in Fahrtrichtung, sofern nicht weiter spezifiziert!
Schwierigkeitsgrad einfach mittel schwer Dauer
Hilfsperson keine Erleichterung unbedingt erforderlich ca. 5 Stunden
Ressourcen Standardwerkzeuge Sonderwerkzeuge
  • Scheibenfeder: 3 Stück
    nach Bedarf:
    A 621 991 04 67
    A 621 991 02 67
    A 621 991 01 67
    A 621 991 00 67
  • Steckschlüssel/Ratsche Nusskasten
  • Ring-/Gabelschlüssel SW7, 8, 10, 17, 19
  • Langnuß SW24, 27
  • Drehmomentschlüssel
  • Ventilhebeldrücker
    (A 123 589 03 61 00)
  • Meßuhr & Verlängerung
  • Meßuhrhalter
  • Ventileinstellschraube
    (A 116 050 11 20)

Sonderwerkzeuge

Vorbereitung

  • Motorhaube senkrecht stellen.
  • Zündkabel mit Zündverteilerkappe ausbauen.
  • Zylinderkopfhaube links und rechts abbauen (3 Nm).
  • KPR abziehen.
  • Zündkerzen ausbauen.
  • Kühlwasser teilweise ablassen.
  • Oberen Kühlerschlauch vom Kühler trennen.
  • Lüfterzarge ausbauen.
  • Lüfter ausbauen 4 Schrauben SW10 (15 Nm).
  • Prüfzahl/Kennzahl der jeweiligen Nockenwelle an ihrem hinteren Ende ablesen und notieren (oder merken).

Sichtprüfung

Bevor eine Messung durchgeführt wird, sollte man zuerst eine Sichtprüfung durchführen. Das geht schnell und einfach. Hierzu den Motor von Hand im Uhrzeigersinn so durchdrehen, daß Kerbe und Markierung der linken Nockenwelle fluchten. Anschließend an der rechten Zylinderbank nachsehen, wie die Markierungen dort stehen. Gibt es dort eine größere Abweichung, besteht Handlungsbedarf; ist die Abweichung kleiner oder idealerweise nicht vorhanden, dann freuen und den Motor wieder zumachen!

Um einen möglichen unterschiedlichen Versatz der beiden Nockenwellen feststellen zu können, die Messung wie folgt vornehmen: Motor von Hand im Uhrzeigersinn so durchdrehen, daß der Zeiger an der Schwungscheibe der Kurbelwelle auf die "0" zeigt und der Verteilerfinger des Zündverteilers (Kappe abnehmen) auf den ersten Zylinder zeigt. Nun die Markierungen der beiden Nockenwellen auf Flucht prüfen, ist die Markierungsdifferenz unterschiedlich, kann man davon ausgehen, daß auch unterschiedlichen Scheibenfedern eingesetzt werden müssen. Ist bei dieser Meßmethode nur die rechte Bank aus der Norm (geringer Versatz), muß in der Regel auch nur die rechte Seite korrigiert werden.

Prüfen

Geprüft wird jeweils am Einlaßventil des ersten (rechte Zylinderbank) und sechsten Zylinders (linke Zylinderbank). Hierzu erst Schwinghebel und Hydroelement ausbauen.

  • Motor von Hand im Uhrzeigersinn so durchdrehen, daß die Nocke der Nockenwelle am Einlaßventil des ersten Zylinders nach oben zeigt.
  • Ventilhebeldrücker ansetzen und Schwinghebel entnehmen.
  • Hydroelement ausbauen und an dessen Stelle Ventileinstellschraube einbauen.
  • Schwinghebel einbauen, Ventileinstellschraube so einstellen, daß der Schwinghebel ohne Spiel am Grundkreis der Nocke anliegt.
  • Halterung der Meßuhr so am Motor anbringen, daß der Stift der Meßuhr senkrecht auf dem Ventilfederteller steht.
  • Meßuhr mit 3 oder 4 mm Vorspannung in ihrer Halterung festklemmen.
  • Motor von Hand im Uhrzeigersinn so lange weiterdrehen, bis die Nocke über den Schwinghebel das Ventil 2 mm herunterdrückt; Meßuhr beobachten, sie läuft rückwärts.
  • Zahl an der Markierung der Schwungscheibe der Kurbelwelle ablesen und mit der Zahl in der Tabelle vergleichen.
NW Kennzahl
links/rechts
Motor M117 Motor SA Nr. Grad nach OT
02/03 117.960   12°
04/05 117.961   20°
08/09 117.962
117.963
117.964
117.965
012.468/01 22°
14/15 117.963 012.406/01 18°
16/17 117.968 012.480/01 17°
18/19 117.967
117.968
012.468/05
012.468/06
012.468/14
012.468/15
27°
20/21 117.965
auch
116.965
(420 AKR)
  21°
24/25 117.968 RÜF   17°
26/27 117.967
117.968 KAT
012.468/05
012.468/06
012.468/14
012.468/15
27°
NW Kennzahl
links/rechts
Motor M116 Motor SA Nr. Grad nach OT
08/09 116.964
116.965
012.468/01 22°
20/21 116.965   21°
60/61 116.960
116.961
116.962
116.963
012.406/03
012.406/04
012.406/07
012.406/08
12°
62/63 116.960
116.961
116.962
116.963
012.406/01
012.406/02
012.406/05
012.406/06
24°
70/71 116.962
116.963
116.964
116.965
012.406/03
012.406/04
16°
  • Bei den späteren M116-Motoren, vor allem beim M116.965 (420er), wurden auch Nockenwellen mit A 117 051 xx xx verbaut!

  • je nach Abweichung entsprechende Scheibenfeder verbauen. Scheibenfedern gibt es in vier Reparaturstufen:
Versatz in mm Teil-Nr. Berichtigt
0,7 621 991 04 67 4° KW
0,9 621 991 02 67 6 1/2° KW
1,1 621 991 01 67 8° KW
1,3 621 991 00 67 10° KW
Standard Scheibenfeder ohne Versatz.

  • Ist eine Berichtigung durch die letzte Scheibenfeder nicht mehr möglich, muß die Steuerkette erneuert werden.
  • Um die Scheibenfeder zu ersetzen, muß das Kettenrad der entsprechenden Nockenwelle demontiert werden:
    • Steuerkette und Nockenwellenrad zueinander kennzeichnen und mit Kabelbinder oder Draht sicher verbinden.
    • Lappen in Kettenkasten legen, damit beim Abnehmen des Kettenrads die verbauten Scheibenfedern nicht hineinfallen können.
    • Nockenwellenrad lösen (100 Nm) und abnehmen, Welle mit geeignetem Schlüssel oder Zange gegenhalten.
    • Achtung! Hinter dem Nockenwellenrad sitzt eine Ausgleichscheibe mit Markierung. Diese Ausgleichscheibe ebenfalls von der Nockenwelle entfernen und die Einbaulage beachten! Die Markierungskerbe an der Ausgleichscheibe sollte beim Wiedereinbau an der gleichen Stelle wie die Scheibenfeder sitzen.
    • Vorhandene Scheibenfedern entfernen und gegen Korrekturscheibenfedern austauschen. An der Fahrerseite ist nur eine, an der Beifahrerseite sind manchmal auch zwei Scheibenfedern (oben und unten) verbaut.
    • Ausgleichscheibe und Nockenwellenrad montieren und prüfen, bevor alles wieder mit 100 Nm festgezogen wird.

Beispiel

Um es an Hand der gezeigten Bilder und Tabellen noch einmal zu verdeutlichen, hier ein konkretes Beispiel: Das Fahrzeug ist ein 420er mit Motor M116.965, die verbauten Nockenwellen haben die Zahl 20 (linke Bank) und 21 (rechte Bank) eingeschlagen. Bei 2 mm Ventilhub muß die Kurbelwelle, entsprechend der Tabelle, 21° nach oT anzeigen.
Das ist der Sollwert.

Tatsächlich gemessen wurde an der Kurbelwelle 29° nach oT (s. Foto), das ergibt also eine Differenz von 8° auf der Kurbelwelle zum Sollwert von 21°. Diese 8° KW-Abweichung kann nun, nach einem Blick in die Tabelle, durch Einsetzen der Scheibenfeder (A 621 991 01 67) ausgeglichen werden. Die Steuerkette muß nicht gewechselt werden, das Tauschen der Scheibenfedern reicht!

Die Abweichung, die an der linken Bank gemessen wird, ist nicht zwangsläufig gleich mit der Abweichung an der rechten Bank (oder umgekehrt). Oft ist die Abweichung an der rechten Bank (Beifahrerseite) größer als an der linken Bank; entsprechend müssen dann auch unterschiedliche Korrektur-Scheibenfedern eingesetzt werden. Bei geringfügigen Abweichungen kann es auch vorkommen, daß nur eine Bank einer Korrektur bedarf, die andere Seite bleibt dann unverändert.

Ergänzende Hinweise

Vor Prüfung und Messung empfiehlt es sich, die Gleitschienen und den Belag der Spannschiene zu prüfen und ggf. zuerst zu erneuern!
Gleitschienen erneuern