Tastverhältnis entmystifiziert: Unterschied zwischen den Versionen

Version vom 14. Juni 2012, 20:13 Uhr

Übersicht

Das Tastverhältnis

Um bei Kat-Fahrzeugen die Lambdaregelung zu prüfen bzw. einzustellen, muß der Strom im elektrohydraulischen Stellglied, kurz EHS, gemessen werden. Zur Vereinfachung der Messung hat Mercedes dem KE-Steuergerät ein Diagnosesignal spendiert, das ersatzweise benutzt werden kann. Es liegt an der Diagnosedose X11, Buchse 3. Dieses Signal wird gemeinhin Tastverhältnis genannt.

Die Bezeichnung ist recht unglücklich, da "Tastverhältnis" lediglich eine Meßgröße beschreibt, so wie Spannung oder Strom.

Es handelt sich um ein Rechtecksignal, die Amplitude entspricht etwa der Batteriespannung, die Frequenz beträgt ca. 100 Hz.

Der eigentliche Informationsgehalt steckt im Schließwinkel bzw. Tastverhältnis.

Das Tastverhältnis ist definiert als Einschaltdauer / Periodendauer einer Rechteckspannung.

Beispiel: Einschaltdauer 2 sec, Auschaltdauer 3 sec, Tastverhältnis = 2 sec / (2 sec + 3 sec) = 2/5 oder 40 %.

Das Tastverhältnis ist proportional zum Strom im EHS.

= 50 % Strom = 0

> 50 % Strom > 0

< 50 % Strom < 0

Gemessen wird das Signal mit einem Schließwinkelmesser.

Die eigentliche Bestimmung eines Schließwinkelmessers ist es, den Schließwinkel der Zündung zu messen. Dazu wird er zwischen Masse und Klemme 2 der Zündspule angeschlossen. Einschaltdauer ist für den Schließwinkelmesser die Zeit, während der das Signal 0 V ist (Zündspule eingeschaltet), Ausschaltdauer die Zeit, während der das Signal 12 V ist (Zündspule ausgeschaltet). Die Anzeige erfolgt meist wahlweise als Schließwinkel in Grad oder als Tastverhältnis in Prozent. Schließwinkel S und Tastverhältnis Ts lassen sich ineinander umrechnen.

4 Zylinder: S = Ts * 90°

6 Zylinder: S = Ts * 60°

8 Zylinder: S = Ts * 45°

Es gibt Tastverhältnis und Tastverhältnis

In der Elektrotechnik ist das Tastverhältnis anders definiert. Zwar gilt hier auch Einschaltdauer / Periodendauer, Einschaltdauer meint aber hier die Zeit, während der die Spannung positiv (z.B. 12 V) ist, Ausschaltdauer die Zeit, während der die Spannung 0 V ist.

Also genau umgekehrt wie bei der Schließwinkelmessung.

Nennen wir dieses Tastverhältnis T und das o.g. Ts (für Schließwinkel), dann gilt T = 1 - Ts.

Wer mißt, mißt Mist

Mißt man also statt mit einem Schließwinkelmesser mit einem gewöhnlichen Multimeter im Tastverhältnis-Modus, ist die Messung falsch.

Man mißt z.B. 70 % als 30 % und umgekehrt.

Das Tastverhältnis schwingt wie der Strom im EHS im Takt der Lambdaregelung zwischen einem Minimal- und Maximalwert hin und her.

Bei der Prüfung der Lambdaregelung geht es darum, den Mittelwert zu messen. Genauer gesagt Minimal- und Maximalwert zu messen und daraus den Mittelwert zu berechnen. Gemessen wird im Leerlauf und bei 2500 U/min.

Die Frequenz der Lambdaregelung steigt mit der Motordrehzahl und beträgt im Leerlauf ca. 0,2 Hz, bei 2500 U/min ca. 1 Hz.

Meßgeräte mit Digitalanzeige sind hier ungeeignet. Während sie im Leerlauf vielleicht noch mitkommen, zeigen sie bei 2500 U/min nur noch Zahlensalat.

Zusammenfassung

Das Tastverhältnis an der Diagnosedose X11, Buchse 3 dient der Prüfung der Lambdaregelung ersatzweise zur Strommessung im EHS.

Gemessen wird das Signal mit einem guten analogen Schließwinkelmesser.

Für alle, denen das zu theoretisch war

Motor aus, Zündung ein. Soll: Tastverhältnis 70 % (Schließwinkel 4 Zyl 63°) s. WIS 07.3-100 Punkt 20

v.l.n.r.: Multimeter im Tastverhältnis-Modus, analoger Schließwinkelmesser (4 Zyl), Drehzahlmesser

T = 1 - Ts

Lamdaregelung Leerlauf

v.l.n.r.: Multimeter im Tastverhältnis-Modus, analoger Schließwinkelmesser (4 Zyl), Drehzahlmesser

man erkennt die gegenläufigen Ausschläge von Multimeter und Schließwinkelmesser, T = 1 - Ts

Lamdaregelung 2500 U/min

v.l.n.r.: Multimeter im Tastverhältnis-Modus, analoger Schließwinkelmesser (4 Zyl), Drehzahlmesser

Multimeter nicht ablesbar